Montag, 1. Juli 2013

Gestern war es besonders schlimm.
Ich schließe meine Augen und sehe und fühle mich wie ich mich vor meinem geistigen Auge empfinde und sehe - als Frau. Dann öffne ich meine Augen, schaue in den Spiegel und der große Frust kehrt ein - diese viel zu männliche Nase, das schüttere, wenige Haar auf meinem Kopf - wie ich es so viele Jahre lang sah.

Ich halte dieses Warten kaum aus, zeitenweise will es mich einfach zerreissen. Wann, wann endlich wird mein Körper sich endlich wenigstens ein Stück weit so anfühlen, wie ich ihn innerlich empfinde? Ich blicke neidisch jedem pubertierenden Mädchen hinterher, denn sie darf spüren und erleben, zur Frau zu werden - für sie ganz normal. Ich habe mir sagen lassen wohl eine Zeit die auch von Unsicherheit und Verunsicherung geprägt ist.  Ich muss darauf warten, dass endlich das Startsignal für mein eigentliches Leben gegeben wird.

Jeder Frau wird von mir sehnsüchtig hinterher geschaut - ich bewundere den Hintern, den Körper, die Brust, die Bewegungen, einfach dass da eine Frau sich leben kann. Wäre ich doch endlich schon wenigstens ein bisschen weiter auf dem Weg. Würden doch schon Hormone beginnen meinen Körper und mich zu verändern, um die zu sein, die in mir auf Befreiung wartet.  Schaue ich auf meine Lebensuhr, so wird es allerhöchste Zeit.
Etwas Trost finde ich darin, dass ich wenigstens auf dem Weg bin. Dass meine Kinder beginnen zu verstehen, warum dies für mich so lebenswichtig ist und es dazu keine Alternative gibt. Wenige Freunde die mir Trost zusprechen und mir helfen, meine Moral aufrecht zu erhalten. Wenige Worte die mir geschenkt werden, die mich manchmal Tage tragen können.
Ich hasse meine Männlichkeit nicht, wie könnte ich, ist sie doch die Basis für die kommende Frau, ich muss sie nur so schnell als möglich hinter mir lassen - wie Purple Schulz so befreiend in "Sehnsucht" schreit:  ICH WILL HIER RAUS!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Ich versuche mich mit kleinen Winzigkeiten von Tag zu Tag zu retten - den gezupften Augenbrauen, lackierten Fußnägeln oder wenn der weibliche Gang sich ganz von alleine einstellt. Es trägt sich schwer, diese Spannung des gefühlt endlosen Wartens auszuhalten. Hoffentlich, hoffentlich gibt es endlich bald den nächsten Schritt, damit das alte Mannsein weiter abgestreift werden kann.
Ruhe und klare Gedanken bekomme ich beim Radfahren in der herrlichen Natur, den majestätischen Bergen, der klaren Luft, den grandiosen Aussichten. Das beruhigt mich kurz und lenkt mich für ein paar Stunden ab.

Danach kehrt das Ich-bin-am-Anfang Bewusstsein mit voller Kraft und Wucht zurück. Ich werde mich dem stellen, denn es gibt nur den Weg nach vorn. Was auch kommen mag, ich werde weitergehen, das Lachen der Teenies über dieses Männergesicht in Perücke aushalten, die strafenden Blicke der Menschen, die das nicht verstehen können erdulden, die Kommentare über diesen Spinner, der jetzt vollkommen durchdreht abprallen lassen. Niemand sieht, wie es in mir tobt. Den Weg den ich jetzt gehe ist besser als alles andere was ich zurück ließ. Das gibt Trost und Kraft für den nächsten Tag - und ich gehe meinen Lebensweg entlang - ONE DAY AT A TIME - von Tag zu Tag.
Purple Schulz + Kamina Sehnsucht

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