Mittwoch, 18. Dezember 2013

Von Engeln getröstet und beschützt



Seit 9 Monaten befinde ich mich nun in Transition. Obwohl es sich irgendwie sehr, sehr lange anfühlt kommt es mir gleichzeitig so vor als ob es nur einen Wimpernschlag gedauert hätte und gleichzeitig eine Ewigkeit.
Ich bin so dankbar dafür, dass mein voriges Leben in meiner männlichen Hülle sich in meinem Gedächtnis beinahe komplett verloren hat. Es ist einfach verschwunden.
Der Moment, in dem ich mich zur Transition entschied war ein echter Wendepunkt in meinem Leben. Ich wusste nicht, wie das alles enden würde, welchen Problemen ich mich stellen werden müsste - ich wusste dass mein Leben sich auf gewaltige, dramatische Art und Weise ändern würde, obwohl ich keine Ahnung davon hatte wie radikal es sein wird.
Die emotionalen Veränderungen sind die, die mich am meisten beeindrucken und mich im Alltag am meisten herausfordern. Das Leben fühlt sich nun für mich so gänzlich anders an - es fühlt sich so an, wie es sich schon immer hätte anfühlen sollen und es ist eine wundervolle Aufgabe mit diesen mir neu geschenkten Gefühlen leben zu lernen und sie in meinen Alltag zu integrieren.

Wie in Zeitraffer lerne ich mit Gefühlen umzugehen, die mir bislang unbekannt waren oder die ich bislang noch nicht gefühlt hatte.


Ein Beispiel: Etwa 2 Wochen nachdem ich mit meiner Hormontherapie begann ging ich eine Straße entlang und traf auf eine Mutter mit ihrem kleinen Kind im Kinderwagen. Dann wurde ich mir einer Tatsache bewusst, die mich beinahe umhaute, die mich wahrhaftig und tief traurig machte - ich blieb in diesem Gemütszustand für ein paar Tage, bis ich einen Weg fand diese Tatsache irgendwie zu akzeptieren: Ich kann niemals mein Kind gebären - ich werde nie schwanger werden können und ich werde nie einem Kind das Leben schenken können! Angesichts der Tatsache, dass ich trotz allem Vater von 4 Kindern bin mag sich das befremdlich anhören, aber schließlich war ich nie wirklich »Vater« und unter Anbetracht der Tatsache dass die Frau in mir sich nun endlich freigekämpft hat und zum wahren Leben erwachte, macht das auch Sinn.

Andererseits passt diese Baby-Torschlußpanik auch zu meinem Alter als Frau und ich muss mit dieser Gegebenheit umgehen lernen und meine Gedanken darüber in den Griff bekommen - genauso wie eine biologische Frau die in etwa oder genau in meinem Alter ist und die keine Kinder hat ( oder bekommen konnte) ebenfalls mit dieser Tatsache umgehen lernen muss.

Ich weiß, dass ich auf meinem Weg durch all die guten Wünsche, Gedanken und Gebete all jener Menschen, die mir Gutes wünschen und mich unterstützen, bewahrt und beschützt werde. Auch habe ich die tiefe Überzeugung dass Engel mich bei jedem einzelnen meiner Schritte bewahren, und dass sie ebenfalls all die Menschen bewahren und beschützen, denen andere Menschen am Herzen liegen.

Menschen, die ich liebte und die mir am Herzen lagen verließen mich und dafür traten andere Menschen in mein Leben. Mir widerfuhr unerwartete Hilfe und ich erlebte solch liebevolle Begegnungen, dass diese Ereignisse die Verluste , die ich erlitt, mehr als wett machten. Ich bekam die Möglichkeit interessante, liebende, unterstützende, großzügige und freigiebige Menschen mit großen Herzen kennenzulernen und mit ihnen Gedanken, Gefühle und meine Leben zu teilen. Das Leben wurde um so Vieles, größer, weiter und bedeutsamer, mehr als ich es je für möglich gehalten hätte. Ich traf Menschen, die mir die Augen öffneten für Ideen, Gedanken, und Sichtweisen, wie das Leben abläuft  und was das Leben für uns bereit hält, das so viel anders und farbenfroher ist als alles was ich bislang kannte.

Zu all dem kommt hinzu, dass ich meinen Kindern gegenüber viel offener und toleranter wurde, im Hinblick darauf, wie sie ihr Leben gestalten wollen, wie sie selbst sein wollen, was ihre Träume anbelangt und wie sie das Leben aus ihrer Perspektive wahrnehmen.

Ich bin so dankbar und glücklich.

Das Leben ist großartig.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen